s_innzeit - der Wissenschaftspodcast zur Sozialen Arbeit

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00:00:00: Music.

00:00:13: Marina (M): Hallo an alle an den Endgeräten. Willkommen zu s_innzeit, dem Wissenschaftspodcast vom Transfernetzwerk soziale Innovation s_inn. Mein Name ist Marina und ich sitze hier digital mit meinem Mitmoderater Jens zusammen. Hallo lieber Jens.

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00:00:26: Jens (JK): Hallo Marina. M: Bevor ich heute in unser Thema einsteigen möchte ich euch einen kleinen Hinweis durchgeben: Wie ihr vielleicht gemerkt habt senden wir seit der letzten Folge in einem drei Wochen Rhythmus und sonst ändert sich eigentlich nichts. Also statt zwei Wochen alle drei Wochen der Podcast s_innzeit. Unser heutiges Thema lautet "Smells like team spirit - Spiritualität in Organisation des Sozial- und Gesundheitswesens". Lieber, Jens warum sprechen wir heute über dieses Thema und warum macht es s_inn über dieses Thema zu sprechen?

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00:01:12: J: Spiritualität ist ja etwas, was ich ganz schwer greifen lässt. Spiritualität ist ein nicht unerheblicher Teil unseres Alltags, sei es jetzt bewusst oder unbewusst. In Zeiten von Selbstoptimierung und des "Sich findens" beschäftigen wir uns durchaus mit Spiritualität, auch wenn wir es nicht immer so nennen. Also viele von uns streben ja vielleicht nach einer höheren Erkenntnis, nach einem Sinn, auf der Suche nach dem Sinn und auf der Suche nach Inspiration für ihr Leben. Spiritualität kann demnach etwas Religiöses sein, muss es aber nicht. Es ist aber auf jeden Fall immer etwas, das mit der eigenen Biografie oder den eigenen Erfahrungen zu tun hat und dadurch dann mit bestimmten, auch christlichen Ausdrucksformen und Nachdenken zu tun hat. Und deswegen entzieht sich dieser Begriff auch einer allgemeingültigen Definition. In der Begegnung mit anderen Menschen, in der Seelsorge geht Spiritualität aber viel weiter, sie kann Frömmigkeit und Glauben meinen und kann aus einem geprägten moralischen Verhalten oder eine Orientierung an Werten bestehen. Spiritualität kann geprägt sein durch beispielsweise Meditation oder das Rezitieren bestimmter Gebiete oder auch durch berührende Erlebnisse oder durch Einschnitte im eigenen Leben. Bei jedem ist das eben anders ausgeprägt. Wir wollen uns heute aber die Frage stellen, die du ja schon im Titel der Folge genannt hattest. Also was ist eigentlich die Rolle der Spiritualität in Organisation des Sozial- und Gesundheitswesens?

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00:02:27: M: Danke für die kurze Einleitung. Wie ihr euch vorstellen könnt haben wir uns dazu wieder einen Gast eingeladen und zwar Johannes Mertens. Johannes hat Soziale Arbeit im Bachelor- und Masterstudiengang studiert und lebt in Aachen. In seinem beruflichen Stationen war er Leiter eines Sozialdienstes in der stationären Altenpflege und ist in diesem Feld bis heute noch als freiberuflicher Referent für die Themenbereiche der professionellen Beziehungsgestaltung mit herausfordernden Verhaltensweisen und der organisationaler Gewaltprävention unterwegs. Im so genannten Sommer der Migration war er in der Flucht- und Migrationsarbeit tätig, wo er in verschiedenen Ortenin NRW zunächst in zentralen Unterbringungseinrichtung, den sogenannten Camps, aber später auch in einer Wohngruppe für unbegleitete minderjährige geflüchtete junge Menschen tätig. Weiter hat er im Raum der Städteregion Aachen im ambulanten betreuten Wohnen für erwachsene Menschen mit psychiatrischen Erkrankungen gearbeitet, wo er heute noch sehr sporadisch in Einzelbegleitungen beratend eingebunden ist und aktuell ist er als Transfer-Referent für das Pilotprojekt "Versorgungsbrücken statt Versorgungslücken" an der KatHO NRW Abteilung Aachen tätig und arbeitet zusätzlich als Lehrbeauftragter in Lehrgebieten zu Grundlagen konzeptionellen Handelns sowie ethische Reflexion der Hospizarbeit und Palliativ Care. Johannes, wir freuen uns sehr, dass du da bist.

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00:03:57: JM: Ja hallo, ich freue mich auch! M: Johannes, wir haben mit deiner Kollegin Marion Rieser in unserer achten Folge "Mehr als satt und sauber - welche Seelsorge und Pflege brauchen Menschen" über das Projekt "Versorgungsbrücken statt Versorgungslücken" am Standort Paderborn gesprochen und dieses praktisch schon kennengelernt. Was ist denn euer Schwerpunkt in Aachen und was war deine persönliche Motivation um genau in diesem Projekt zu arbeiten?

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00:04:21: JM: Der Schwerpunkt in Aachen hat zwei Themen, die wir mit verschiedenen Einrichtungen aus der Altenhilfe, der hospizlichen Hilfe und der Behindertenhilfe angeben und zwar das Eine ist: Was, wie, wo ist Spiritualität in der Palliativversorgung? Also sagen wir mal in Langzeitpflege-Bereichen am Ende des Lebens und  das Andere ist: Wie funktioniert Transferlernen in Organisationen? Das sind die beiden Themen, die wir verbunden miteinander auf einer sehr partizipativen, dynamischen Art und Weise mit verschiedenen Einrichtungen gemeinsam angehen und das geschieht vor Ort in ganz unterschiedlichen Teilprojekten.

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00:05:01: M: Könntest du etwas zu diesem Teilprojekt noch sagen?

00:05:03: JM: Ich kann vielleicht zwei so exemplarisch nennen. Das eine wäre in einem ambulanten spezialisierten Palliativdienst und da arbeiten wir mit den Pfleger_innen und haben uns mit denen gemeinsam am Anfang die Frage gestellt: Was kann das bedeuten Spiritualität in unserem Arbeitsbereich und was wollen wir damit tun? Und dann ging es relativ schnell darum, dass es so verbindende Elemente gibt für alle diejenigen, die da arbeiten, die aber persönlich ganz unterschiedlich sind. Und da war das Bedürfnis danach das gemeinsam zu sammeln

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00:05:37: und - ja, ich nenne es jetzt mal, das klingt jetzt vielleicht ein bisschen kryptisch, - so einen gemeinsam Erfahrungsraum zu kreieren. Und ganz praktisch gesehen, sind wir dabei zu implementieren, dass es so ein regelmäßiges,  da waren ein paar Kollegin vor Ort, die sind relativ meditationsaffin. Und es hat sich jetzt so zusammen gespielt, dass sie gemeinsam meditieren, sozusagen eine Unterbrechung deren sehr stressigen, besonders auch sehr zerstreuten Berufsalltags machen. Die fahren ja von Haus zu Haus und haben einen ziemlich dichten Fahrplan sozusagen, meditieren gemeinsam und geben dann verschiedene theoretische Inputs zu Themen, die wir immer wieder miteinander absprechen. Das ist sozusagen das gemeinsame Teamritual, was da entsteht. Und da geht es, wie bei diesen allen - vielleicht noch Klammer auf: Wir reden im großen über dem Bereich Spiritualitär, ja also das ist sein übergreifendes Konzept im Sozial- und Gesundheitswesen - und dazu eine ganz tolle Eigendynamik angekommen. Der Titel von der heutigen Sendung spielt da ja darauf an "Smells like teen spirit",  das ist so das, was da stattfindet. Das ist total spannend und da kommt viel in Bewegung.

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00:06:43: JK: Vielleicht würde ich da direkt mal nachfragen. Du hast ja jetzt gerade schon eine Ausdrucksform, wie ihr sie im Team ja auch praktiziert, genannt und da soll es ja heute auch drum gehen in dieser Folge. Vielleicht kannst du aber auch noch mal versuchen zu definieren, was genau Spiritualität denn jetzt ist und wie sich einzelne Formen der Spiritualität unterscheiden. Also z.B. eine religiöse Spiritualität im Gegensatz zu einer Spiritualität in klinischen psychologischen Feldern und eben das vielleicht, von dem, was du gerade erzählt hast, Spiritualität auch im Team.

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00:07:17: JM: Also wahrscheinlich ist schon deutlich geworden, dass das ein sehr breites und ein sehr offenes Verständnis ist. Und wenn ich das jetzt sage, dann sage ich das aus meiner persönlichen Folie heraus, also das werden andere Menschen wahrscheinlich auch ein bisschen anders deuten. Oder sagen wir es mal andersrum: Wissenschaftlich gibt es ganz verschiedene Arten und Konzepte das zu fassen. Ich würde das jetzt mal so beschreiben, wenn man sich dem nähern will, ist es sinnvoll oder hilfreiches weniger ontologisch als epistemisch zu betrachten. Also das heißt, Spiritualität würde ich so als so eine Art der persönlichen Erfahrungsweise oder die Möglichkeit einer gewissen persönlichen Erfahrungsqualität beschreiben. Vielleicht in anderen Worten: Das ist so eine Art, eine Form verschiedene Fenster zu öffnen, die ein explizites "Bezogen-Sein" auf etwas, dass das eigene Ich übersteigt, das eigene Ich abstrahiert im Teil der Wirklichkeit ermöglicht. Ich rede aber ganz klar über immanente Bereiche. Von Charles Taylor kennt man vielleicht diesen Ausdruck des immanenten Rahmens der Moderne. Also das sind keine Fantasiegeschichten oder Ähnliches, aber es ist die Möglichkeit mich in der Welt zu verstehen und auch mich in der Welt zu fühlen, mit Perspektiven, die mein eigenes Ich überschreiten, mich in Beziehung zu anderen setzen oder auch in Beziehung zu meiner Umwelt. Es müssen ja keine konkreten Personen sein. Das ist per se etwas, was alle Religionen als Grundstamm ,würde ich jetzt mal nennen, also das ist das Kernelement aller religiösen Erfahrungen oder aller Religionen. Und heutzutage kann man einfach sagen: Das kann für Personen in einer gewissen Dogmatik in der dewissen Rückbindung an religiöse Deutungsmuster geschehen, die ja dann auch nicht feste Weltbeschreibungen sind. Also das sind ja auch mehrdeutige Versuche Welt zu fassen, muss es aber nicht. Mein erster Wurf, jetzt mal so aus der Hüfte das zu definieren, wo sich die ganze Welt schwer mit tut, aber ich denke man kann schon damit arbeiten. Ja, vielleicht noch ein Satz, weil in klinischen Feldern geht es sehr auf den Umgang mit diesen existenziellen Dimensionen oder existentiellen Erfahrungen der Personen. Also: Was macht das mit mir, wenn ich im Rahmen einer chronischen Erkrankung lebe, wenn ich eine lebensverkürzende Erkrankung habe? Und die Wechselseite davon ist: Was macht das mit Menschen, die die eben derartige Familien und Betroffene professionell begleiten, also die Menschen beim Sterben begleiten und die versorgen? Also dieser Umgang mit diesen existenziellen Dimensionen und auch Grenzerfahrungen und Grenzen des menschlichen Lebens. Und immer da wird es relevant. Da gibt es auch ganz viel Forschung zu, also man kann schon sagen, dass wenn jemand von so Umbrüchen oder einschneidenden Dingen betroffen ist, dass sich häufig, wenn die Person ihr Leben lang mit diesen Bereichen Nichts zu tun hatten, dass sich so das Selbst- und Weltverhältnis so ein bisschen in diese Richtung verlagert. Also dann werden soziale Bindungen wichtiger, dann kommen dieses Fragen auf bzw. können diese Fragen aufkommen, das ist alles kein Muss: Was geschieht mit mir, wenn ich versterbe? Was macht das eben aus? Es geht auch um Relektüre des eigenen Lebens und wieder so eine so eine Neudeutung. Ich bin kürzlich drauf aufmerksam gemacht worden, dass es hier Lokalfernsehen eine Dokumentation gab von jemanden, der sehr lange Zeit einen Skateshop betrieben hat und querschnittsgelähmt ist und so eine ganz neue, also für sich völlig positiv neue, Kreation seines Lebens findet mit Familie. Das ist jetzt natürlich so ein Extrembeispiel,  aber ich denk das macht es ganz deutlich, also es kann um sowas gehen. Es geht aber auch manchmal bzw. eigentlich sehr viel häufiger um ganz Alltägliches, also wie erlebe ich mich in der Welt , wie positioniere ich mich in der Welt, da wo ich jetzt stehe.

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00:10:57: M: Du hast jetzt auch noch mal dargestellt, dass Spiritualität sagen wir mal eine stärkere Rolle spielt, wenn es um Brüche geht oder, dass es gewisse Momente in dem Leben eines Menschen gibt, die Spiritualität noch mal fördern bzw noch mal mehr hervorrufen. Ich würde dennoch sagen, dass Spiritualität zwar einerseits was religiös- oder kulturellbedingtes ist, aber in meinen Augen, auch etwas sehr persönliches und individuelles, gerade auch was du jetzt als Beispiele genannt hast. Was bedeutet Spiritualität denn für dich Johannes?

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00:11:28: JM: Ja; das ist natürlich die große Million-Dollar-Question. Für mich ist es schon ähnlich mit den Dingen, die ich eben erzählt habe. Also ja, es ist was sehr persönliches und auch was zusammengefügtes. Also das eine ist, ich habe immer schon Interesse gehabt für das, was man in Sozialwissenschaften konjunktive Erfahrungsräum enennt. Also ich kenne das aus meinem privaten Bereich so wie aus meinem Arbeitsbereich, dass man in Zusammenhängen mit Menschen sein kann, wo man ein gewisses Grundverständnis miteinander hat oder auch unter Umständen auch ein gewisses Grundvertrauen miteinander hat, weil man irgendwie mit denselben Dingen beschäftigt ist und sich in vergleichbaren Gefühlswelten miteinander  wiederfinden kann, ohne dass es jetzt darum geht sich selbst darin aufzulösen. Also so eine gewisse Verbundenheit, die sehr schwer wäre auszubuchstabieren, also ich bin Musiker und ich kenne das vom gemeinsam Musik machen, ich kenne das aber auch vom gemeinsamen wandern oder vom gemeinsam Skateboard fahren, aber eben halt auch beispielsweise von meinen Berufsstationen, die mich doch sehr geprägt haben. Also das Interessante ist jetzt in dem Bereich, in der Rolle aus der ich jetzt hier spreche, im Bereich von Palliativ Care und Hospizwesen,das ist so eine Verdichtung von dieser Art und Weise sich Fragen übers Leben zu stellen und darüber auch über eigene Verletzlichkeit und eigene Grenzen. Und da erkenne ich doch einiges wieder bei mir. Für mich persönlich ist das so eine Art implizite Ethik, die ich in mir trage und die ich eigentlich erst so peu a peu als solche für mich erkannt habe und dann angefangen habe - also es wird auch häufig so beschriebe, also das kann man nicht so kontrollieren, das sind so Dinge, die einem zufallen und man dann in einer gewissen Form - also bei mir ist es zumindest so, die ich einer gewissen Form auch versuchen mir zu kultivieren. Und da läuft bei mir vieles jetzt persönlich über Meditation, das habe ich so in meinem Leben eingebaut. Und ich rede jetzt nicht über große Erfahrungen, wie man die vielleicht, je nachdem in was für Bubbles man so unterwegs ist bei Instagram, dann findet und auf einmal jede Person im Bekanntenkreis auf einmal sein eigenes Selbst endlich erfunden und so. Das ist es glaube ich nicht für mich, es ist viel eherdie Möglichkeit eben damit umzugehen, dass wir selbst eben nicht mit so einer konkreten Mitte gebaut sind, sondern eben auch viel zusammen Stücken uns definieren, also moderne Personen kann man ja in ganz viele verschiedene Bereiche aufteilen. An sozialen Rollen, die man hat, aber auch eben an dem, was man so aktuell fühlt, was man generell für große Sehnsüchte hat, was man für Erfahrungen hat, was man für Ziele hat, auch was für Belastungen man hat, was für Ängste man hat. Und die Dinge immer mal wieder so auf Ballons zu bekommen und das nicht im Sinne von einer aktuellen Gestimmtheit, sondern also es hat natürlich was mit Emotionen, auch mit Emotionsregulation zu tun, es geht schon darüber hinaus. Und es ist auch anzuerkennen, dass man viele Dinge im Leben gar nicht so sehr im Griff hat, wie man das vielleicht überlegt. Und damit einher zu gehen und das irgendwie auch, ein christlicher Begriffe wäre das jetzt, demütig anzunehmen. Für mich ist das, was grundentspanntes  und was sehr positives. Das wäre so ein erster Versuch, aber das ist ganz schwierig für mich das Worte zu fassen.

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00:14:27: JK: Ich fand das jetzt wirklich super deine Definition, also diese Idee davon diese ganzen Versatzstücke, so hast du es glaube ich genannt, des Menschen mit seinen unterschiedlichen Ausprägungen und Erfahrungen, Spiritualität da als Balanceakt zu begreifen und diese ganzen Dinge irgendwie schön gerade zu kriegen, sage ich jetzt mal so ganz platt, fand ich eine sehr schöne Definition. Also das hast du aus meinen Augen sehr gut hingekriegt. Wir wollen jetzt auf deine Arbeit auch zu sprechen kommen, und zwar eben da auch noch mal die Rolle von Spiritualität in Care-Laboren im Sozial- und Gesundheitswesen. Und da fällt direkt dieser Begriff auf, Care-Labor, was ist das überhaupt?

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00:15:07: JM: Ja, das ist so unsere Wortschöpfung, die auch während dem Prozess gemeinsam entstanden ist. Ich habe das ja eben gesagt, diese Teilprojekte, in denen wir da unterwegs sind, die haben den Anspruch, dass es eine Transferforschung ist eines gemeinsamen Transferlernens. Bedeutet, wir hatten so die große Klammer Spiritualität, Palliativversorgung, aber was und wie war die Aufgabe gemeinsam herauszufinden und das Thema, also so wie wir das ja jetzt auch angefangen haben zu besprechen, kriegt so eine gewisse Art von der Möglichkeit zu experimentieren bzw. auch einfach verschiedene Dinge für sich anders auszuprobieren als bisher. Und dann haben wir in so einem Gesprächswechsel mit  den verschiedenen Einrichtungen verständigt, wir versuchen das in Raum, Zeit, Sprache und Gesicht irgendwie fassbar zu machen für alle. Also all das, worüber wir jetzt immer drüber gesprochen haben, das so schwer in Worte zu fassen ist. Und das hatte einen gewissen Laborcharakter, also das heißt, wir haben einfach gesagt:Wir gönnen uns das miteinander, und ich bin den Leitungen der Einrichtungen eigentlich so dankbar, dass die gesagt haben: "Wir wollen, dass unsere Mitarbeitende das gönnen können." Selbst wenn man es nicht kennt, spätestens seit der Pandemie weiß man, das sind extrem arbeitsverdichtete, getaktete Organisationen, zwangsweise. Also Care-Labore sind so Orte, wo wir gemeinsam von der Seite der Hochschule, von Seite der Professionellen und der Betroffenen uns dem Thema nähern und das muss organisational passen. Also das heißt, da wo die Organisationen jeweils in ihrer Organisationsentwicklung stehen, wohin die sich orientieren wollen, vielleicht auch mit was für aktuellen Herausforderungen, die zu tun haben. Und das ist sozusagen erstmal so die Grundbeschreibung dessen und ich habe eben ein bisschen was von dem Palliativdienst erzählt, vielleicht ein anderes Beispiel in der stationären Altenhilfeeinrichtung: Da haben wir auf drei Wohnbereichen unter diesen Care-Laboren begonnen hermeneutische Fallgespräche zu implementieren. Die haben zwar auch vorher so Fallarbeitsgespräche geführt, aber wollten diese noch mal - also das ist ein übliches Instrument in diesen Organisationen, ummit Verhaltensweisen von gegebenenfalls auch gerontopsychiatrisch veränderten Menschen umzugehen - also um zu versuchen nachzuvollziehen, was steckt da alles für Sinn drin, teilweise auch bei Menschen, die das eben gar nicht mehr so äußern können. Und das haben wir soz usagen aufgenommen und in dem Sinne erweitert, dass es so ein Raum ist, wo man sowohl über sowas sprechen kann, als aber auch über so Themen, die die Teams wahrnehmen, wo die denken: "Okay da müssen wir, da wollen wir herne hinschauen, da wollen wir gerne mit arbeiten." Jetzt kürzlich haben wir gemeinsam über so das Gefühl gesprochen einer Person nicht gerecht zu werden, also im Sinne von dem Gefühl, einem Bewusstsein da fehlt was. Und wenn man so auf die Dokumente schaut, würde man erstmal sagen: "Na, eigentlich fehlt da nichts", aber alle nehmen wahr, da stimmt etwas nicht. Und das wären so an  Ansatzpunkte, da geht es dann häufig eben so um existenzielle Dimensionen oder einfach um verschiedene Perspektiven. Es gibt so einen /Streif/  in diesem Spiritual-Care-Konzepten, der hat sehr viel mit Bindungsverhalten, Bindungstheorie zu tun, das ist jetzt etwas, was in der Altenhilfe noch nicht so envouge ist. Das sind Konzepte mit denen man noch nicht so viel da arbeitet. Und diese Umdeutung von der Art und Weise, wie z.B. jemand alle fünf Minuten auf der Patientenklingel drückt und will, dass jemand vorbeikommt und das Kissen schüttelt, allein das ist jetzt auch wieder ein, das klingt vielleicht sehr einfach so gesagt, dass man sagt: "Ach dann denken wir einfach nur mal alle was anderes, dahinter steht ein Bindungsbedürfnis und so weiter", wenn man dann aber so da drin ist und hat mit teilweise auch sehr erschöpften Personal zu tun, mit diesem ganzen besonderen Herausforderungen jetzt in der Pandemie, können das so Orte sein, wo man diese Dinge, mit denen man da zu tun hat, die man aushält, die man fühlt, aber gegen die man sich auch in gewisser Weise ein bisschen abpuffern muss im Berufsalltag bzw. in deren Stationssalltag, auch wieder da in so ein Verhältnis bringen. Da bin ich wieder nah bei dem, was ich eben beschrieben habe, also diese Dinge, die keine zentrale Mitte haben, wieder in eine andere Art von Perspektivenverschiebung miteinander zu bringen. Also es geht auch viel um so Übersetzungsarbeit, also ohne dahin zu gehen und sagen: "Wir wissen es besser",  sondern das ist so ein gemeinsames Hin- und Her-Erklären. Das ist super spannend, super dynamisch, also ich lerne da auch massiv viel und bin irgendwie immer wieder baff, was die Leute da in ihrem Alltag machen, also was die für einen Arbeitsalltag haben und was die so mit sich schleppen und mit was für Gedanken, die die Menschen begleiten, mit denen sie da arbeiten. Das wäre jetzt so ein Beispiel.

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00:19:33: M: Also du hast jetzt hier auch noch mal einerseits dargestellt, was ein Care-Labor ist und ich selbst sehe das jetzt so in meinen Augen als Ort, als Raum des Sprechens, des Austausch, des Fühlens auch, und des Innehaltens im stressigen Arbeitsalltag, der sehr wahrscheinlich noch sehr viel intensiver geworden ist. Johannes, ich möchte jetzt noch einmal verstärkt auf die Rolle von Spiritualität in der palliativen Versorgung sprechen. Dieses Arbeitsfeld, wenn ich das so nennen kann, ist ja generell einem starken Wandel unterworfen, da die Fürsorge, die Vorsorge nun auch oft von zu Hause durchgeführt wird. Wie würdest du diesen Wandel bewerten? Und was ändert das auch für den Arbeitsalltag oder generell für das Verständnis davon?

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00:20:20: JM: Du meinst jetzt mit dem Wechsel, dass auch zunehmend mehr Personen zu Hause- M: - Genau.

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00:20:35: JM: Für mich hat das verschiedene Anteile. Also das eine ist zunächst Mal, glaube ich, ein totaler Erfolg moderner Gesellschaften, dass man so viel Wahlmöglichkeiten hat. Also es gibt einfach verschiedene Versorgungsformen für auch unterschiedlich gelagerte Bedarfe, das ist jetzt sehr breit daher gesprochen, aber unterm Strich ist es so. Als ich habe ja lange selber Jahre in dem Bereich gearbeitet und habe beides erlebt. Also es kann sein, dass für die Betroffenen und für die Familien der Einzug in eine stationäre Einrichtung, obwohl man vorher immer alle sagte: "Ne, das wollen wir auf keinen Fall. Also unmöglich, auf gar keinen Fall", dass das total super war, die totale Erleichterung und auf einmal eine ganz andere Form vom In-der-Welt-Sein. Also die meisten wünschen sich zu Hause zu bleiben, das kann man schon sagen. Also auch das Sterben per se läuft dann doch meist anders als man sich das wünscht. Also die meisten wünschen sich zu Hause und im besten Fall lege ich mich abends ins Bett hab, noch ein schönes Glas Wein getrunken und bekomme gar nichts und versterbe. Das ist so das, was sich unterm Strich die meisten Menschen wünschen, also Wein ist da sehr optional //lacht//, aber ein Sterben ohne langes Liegen, ohne langes Leiden und ohne Schmerzen natürlich. Und zunächstmal denke ich, ist es einfach total zu begrüßen, dass wir diese Pluralität haben. Es ist schon auch noch so, dass auch viel in Krankenhäusern verstorben wird und wenn man das so erzählt, kann man das eigentlich nicht sagen ohne die Hospizbewegung zu erwähnen. Also das ist ja wie ich finde, ein bestes Beispiel für zivilgesellschaftliche Bürgerinitiativen.

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00:21:44: M: Könntest du die kurz erläutern, diese Hospizbewegung?

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00:22:31: JM: Ja, ich glaube da muss ich auch aufpassen, weil da bin ich jetzt auch kein dezidierter Profi für, aber im Endeffekt gibt es halt einen großen, zivilgesellschaftlich organisierten Strom an Menschen, die dafür eingetreten sind das Sterben in der Gesellschaft würdevoll zu gestalten und die Sterbeorte auch würdevoll zu gestalten. Und mittlerweile sind Krankenhäuser durchaus darauf eingestellt, dass eben da auch Menschen zum Sterben hinkommen und besonders gehts da um die Begleitung der Sterbenden.  Also, dass niemand, derdas nicht ausgesprochen möchte, alleine versterben musste. Und in all diesen Bereichen, also sowohl in Krankenhäusern, in der stationären Altenhilfe, so wie in der Versorgung zu Hause gibt es halt große Verbände der Hospizbewegung, also gibt's große Anteile der Gesellschaft, also ganz viele Menschen in der Gesellschaft, die ehrenamtlich Sterbende begleiten, sich da weiterbilden lassen. Das ist einfach ein ganz großes Momentum davon. Per se gesprochen kann man sagen, ist das eine totale Errungenschaft moderner Gesellschafen. Auf der anderen Seite verändern sich natürlich die einzelnen Felder, also dadurch, dass mehr Leute längstmöglich zu Hause versorgt werden können, was total zu begrüßen ist, hat sich die Realität oder die Klientel, wenn man das so nennen will oder die Betroffenen, die Bewohnerinnen in der stationären Altenhilfe massiv gewandelt. Also da kann man schon sagen, dass sind jetzt zunehmend progredient chronisch multimorbid erkrankte Menschen mit zu, ich glaube, so ca. zwei Drittel einer gerontopsychiatrischen Veränderung. Und von diesen zwei Dritteln auch noch einmal mindestens die Hälfte mit einer mittelgradigen bis schweren demenziellen Veränderungen. Das heißt, ich kenne Kolleginnen mit denen ich früher gemeinsam zusammen gearbeitet habe, die haben mir immer noch erzählt, als sie angefangen haben in dem Job zu arbeiten, da war das völlig klar, die Altenheime hatten alle große Parkplätze, weil die Bewohnerinnen teilweise noch mit dem eigenen Auto angefahren. Und das ist sozusagen Kilometer weit weg von der Realität heutzutage in der stationären Altenhilfe. Das sind sehr, sehr anspruchsvoll Jobs, das ist eine sehr anspruchsvolle TätigkeitMenschen und Familien mit derartigen Krankheitsbildern und Bedürftigkeiten würdevoll zu begleiten. Und man kann schon auch sagen, also ich habe das so flapsig gesagt mit dem Beispiel, das heißt aber auch ganz klar: Der Einzug in die stationäre Altenhilfeeinrichtung ist ganz deutlich eigentlich der Beginn von einer Sterbebegleitung, auf kurz oder lang sozusagen. Es geht also viel um die Arbeit an und mit Verlusten und sehr, sehr einschneidenden Lebenserlebnissen, also niemand zieht gerne aus den eigenen vier Wänden aus, in denen man ja womöglich 40 Jahre vorher gelebt hat, Kinder großgezogen hat und so weiter. Also dadurch verlagert sich auch die Art und Weise der Arbeit vor Ort, das ist noch mit dabei zu erwähnen.

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00:24:54: JK: Du hast ja gerade schon gesagt, das ist eine sehr anspruchsvolle Aufgabe, die Menschen in diesem Prozess zu begleiten, eben auch weil sich da die Bedingungen und die Voraussetzungen geändert haben. Da will ich gern noch mal auf die Menschen eingehen, die diesen Job machen, also die pflegenden Personen. Die fungieren hier sozusagen auch als , ich nenns jetzt mal spiritualitätgebende Person, also die Person, die das vielleicht in dieseRaum, wie Marina gerade gesagt hat, des Fühlens, des Sprechens, des Sich-begegnens versucht umzusetzen. Wie merkst du auch vielleicht bei dir in deiner Arbeit, wo ihr das ja auch ganz explizit jetzt praktiziert, wie wird diese neue Aufgabe bzw. diese Aufgabe, die dazu kommt, da so angenommen, aufgenommen? Wie ja macht sich das bemerkbarim Alltag der Pflegenden?

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00:25:23: JM: Also würde ich zunächst mal total unterschreiben, das Spiritual Care als übergreifendes interdisziplinäres oder vielmehr transdisziplinäres Konzept, geht davon aus: Alle Personen haben eine Erstverantwortung sozusagen. Wir haben auch mit Seelsorgenden zu tun, die noch mal eine ganz spezifische Kompetenz und Qualität haben und ich selber bin ja kein Seelsorger, also da wäre ich jetzt auch total begrenzt drüber etwas zu sagen, aber dieser Auftrag aller als Team getragen, das ist schon ganz herausragend dabei. Und das habe ich eben gerade nicht gesagt, also in den Care-Laboren und in allen Einrichtungen mit denen wir arbeiten, haben wir auch so Assessment- und Screeninginstrumente mit eingeführt, um eben diese schwer in Worte zu fassenden Bereiche in den Bewohnerinnen- und Patientenanamnese doch irgendwie da zu haben. Und man geht davon aus, also in der Literatur wird das so diskutiert, dass alleine das schon ein großer Teil der Interventionen ist, also das allen Beteiligten klar ist, in der Begleitung ist es uns wichtig jemanden als ganzen Mensch, sag ich jetzt mal, anzunehmen. Als es eben nicht nur der Dekubitus der versorgt wird oder die Auswirkungen von dem Brustkrebs oder so, sondern es geht um Menschen in Ganzheit und die Pflegenden, das sind hauptsächlich Pflegende mit denen wir gerade arbeiten, es sind auch Sozialarbeitende, dabei aber die Sozialarbeitenden in den Einrichtungen, würde ich jetzt mal sagen, deren Programmatik ist ohnehin mehr auf der psychosozialen Begleitung gelegen. Das heißt, da ist diese Integration von diesen Themen irgendwie naheliegender. Bei den Pflegenden haben, sage ich jetzt mal, ganz selektiv aus meinen eigenen Blickwinkel, aus unseren Care-Laboren, war das anfangs so eine Phase von dem gemeinsamen übersetzen und abklären: Was soll jetzt hier geschehen? Müssen wir jetzt auf einmal noch mehr arbeiten? Müssen wir uns um noch was mehr kümmern? Und dann die große Erleichterung und auch eine riesige Auswertung, dass es eher darum geht, vielmehr sich rückzureflektieren und rückzuversichern, das ist in meinem Job mit drin. Also so vermeintlich banale Tätigkeiten, wie jemanden waschen oder wie jemanden mehrfach das Kissen zurecht rütteln, dann jemanden Essen anzureichen und so weiter, sind eben nicht nur so technische Dinge, die ein jeder machen kann, sondern da steckt viel, viel mehr drin und das geschieht in einem Beziehungsgeschehen miteinander. Das ist total spannend, da miteinander im Gespräch zu sein und auch mit nachzuschauen, also was ist ein da los? Was liegen da für Themen drüber? Das wird dann, wenn man auf die einzelnen Beziehung schaut, sehr greifbar. Also dann ist es auf einmal viel, viel mehr als nur bei jemanden fünfzehn Mal ins Zimmer gehen und zu sagen: "Ja, es ist alles okay. Wir sind hier." Ist das verständlich?

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00:28:18: M: Doch, doch absolut! Was ich mich jetzt frage, wir habenvon einem Wandel der Spiritualität gesprochen oder neue Wege der Spiritualität oder vielleicht auch Raum geben für Spiritualität, und was ich mich jetzt frage ist, wir leben ja generell in einer immer moralisierteren Gesellschaft und ich kann mir vorstellen, dass es schwierig ist im Bereich der Seelsorge, dieser Pluralität der Menschen eigentlich gerecht zu werden. Gibt es in der von dir beschriebenen Arbeit neue Herausforderungen hinsichtlich eben dieser Heterogenität der Personen- und Kulturkreise, die einerseits erschwerend sein kann, aber auch bereichernd sein kann, gerade auch hinsichtlich Spiritualität.

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00:28:59: JM: Ja, das ist auch eine sehr komplexe Frage. Vielleicht mache ich das so zweigeteilt. Das eine zu dem Bereich der Seelsorge, wie gesagt da bin ich kein Experte, aber meine persönliche Erfahrung mit Seelsorgenden im Bereich Altenhilfe, im Bereich Krankenhaus, im Bereich Hospiz ist, dass die extrem feinfühlig sind und auch da, es nicht darum geht, den Betroffenen etwas von der Welt zu erklären, sondern die Betroffenen sagen, wo es langgeht. Und die Betroffenen und deren Bedürfnisse  stehen im Vordergrund. Und ich habe das auch schon erlebt, dass Menschen zusätzlich zu den Begleitungen, die wir geben konnten auch nach Seelsorgenden gefragt haben, obwohl die sich vorher als komplett agnostisch beschrieben haben. Und auch da geht's ja nicht darum Menschen zu bekehren am Ende des Lebens, sondern auch da geht's einfach darum, diese ganz besondere Form von Begleitung anzunehmen und gemeinsam diese Fragen des Lebens zu deuten. Das ist so das Eine. Also die moderne Seelsorge, so wie ich sie erlebe, als sehr interessierter Laie von außen, ist auf Pluralität eingestellt, ist super offen. So das ist so das Eine und das andere: Ich denke, die Bereiche der Sorgearbeit, so wie ich die wahrnehme, jetzt bin ich natürlich auch bisschen gebiased und passioniert in dem Feld unterwegs, aber das ist schon.ein ganz besonderes Segment der Gesellschaft. Also alle eint so eine Ethik der Vulnerabilität des Menschens und so ein Verständnis dafür, dass es und Übersetzungsleistungen geht. Also wenn man sich das jetzt anschaut, ich mach es mal eine Ebene drunter, vielleicht ein bisschen praktischer, in Altenhilfeeinrichtungen arbeiten jetzt Menschen aus sogenannten, ich mag den Begriff nicht, aber ehemals sogenannter Gastarbeiterfamilien, aus zig unterschiedlichen Religionsgruppen oder auch auf Menschen, die sagen: "Da habe ich alles gar nichts mit zu tun", was auch immer,  aber die durchaus total klar verstehen "Das ist so meins und ich begleite jemanden und es geht darum auszuerkennen, was ist für denjenigen wichtig, was ist für die wichtig, wie ist deren Verständnis von der Welt. Das ist häufig total spannend. Ich erinner mich, wir haben uns am Anfang des Projektes in so einer schönen Runde in der Tagespflege, so richtig angenehm miteinander gestritten. Also da war so eine ältere Kollegin, die sagte: "Also das, wovon ihr sprecht, das ist alles Quatsch, also das hat mit meiner Form von Glaube überhaupt nichts zu tun, aber wenn das funktioniert oder wenn das okay ist, dann ist das okay für mich." Also vieles, was Feullitondiskursen liest, findet da in dem Sinne nicht statt oder andersrum gesehen: Da ist halt, glaube ich, das Zentrum im Bezug auf die Arbeit  sehr klar und das ist ganz pragmatisch. Also da geht's drum sich einander Welt zu übersetzen und verschiedene Zugänge zu leben. Ich glaube, das täte vielen Leuten gut, gezwungenermaßen öfter mal in Pflegeeinrichtungen gehen zu müssen. //lacht// Also es arbeiten alle mit Leiden und Umbrüchen und Verletzungen, das hat einfach, glaube ich, einen ganz speziellen Zugang und vieles ist total übersetzbar. Also für Menschen, die nicht gläubig sind, häufig sind die - also jetzt rede sogar von Studien, die ich gelesen habe - noch ein bisschen feinfühliger in Organisationen, wo implementiert ist, dass es um Spiritual Care geht und da muss man natürlich immer organisational denken, die sind häufig sehr feinfühlig darin, was die religiösen Bedürfnisse der zu Begleitenden sind. Und wissen, das ist wichtig für die und die sind immer wieder dabei die die Person als solche neu kennen zu lernen, also so: Wie ticken die religiös?

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00:32:18: JK: Da gehts dann auch darum so eine Kultur und Haltung zu entwickeln, die die ganze Organisation mit trägt und dadurch sich im Prinzip eine Offenheit bedingt, die dann auf diesen Übersetzungen, wie du es gerade gesagt hast, von Welt eben hilfreich sein kann. JM: Ich habe ja viel auch mit Organisationsarbeit zu tun, das steht ja auch überhaupt nicht im Widerspruch zu einer Organisation, die beispielsweise das aufgrund ihres christlichen Weltbildes erklärt, also auf Grund der Spiritualität des Hauses, ganz im Gegenteil: Das ist ja genau das. Also jeden so annehmen und da geht's dann um Gastfreundschaft beispielsweise, wäre da ja so der naheliegende Begriff, Hospitalität. Also das ist es im Prinzip.

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00:32:58: JK: Lieber Johannes, ich muss jetzt auch mal was übersetzen, und zwar die Zeit hier in unser Gespräch und die ist schon sehr fortgeschritten und ich danke dir auf jeden Fall schonmal für deine intensiven Ausführungen. Glaube, wir konnten einen guten Blick in deine Arbeit bekommen und uns auch noch mal ein bisschen mit dem Begriff Spiritualität auseinandersetzen. Eine Frage bleibt mir noch, und zwar die Frage nach deinem "Lieblingsmenschen" in Anführungsstrichen. Also mit welchem Menschen wäre es deiner Meinung nach sinnvoll ein bisschen Zeit zu verbringen? Mit welchem Menschen sollten sich unsere Zuhörenden beschäftigen? Wen sollten sie kennenlernen?

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00:33:33:  JM: Ja, da halte ich es jetzt ganz sozialarbeiterisch: Jeder Ratschlag ist ein Schlag. //lacht//

00:33:43: M: //lacht//

00:33:47: JK: //lacht// Ja okay, das ist auch eine Antwort, die wir noch nicht hatten. Aber das spiegelt ja auch die Heterogenität unserer Gäste wieder. Ja, vielen Dank dafür. Das wars schon wieder mit unserer s_innzeit. Alle Informationen über die heutige Folge findet ihr in der Podcastbeschreibung. Lasst uns gerne ein Like da und abonniert uns natürlich, wenn ihr es noch nicht getan habt. Folgt uns auch gerne auf Instagram unter transfernetzwerk.s_inn.

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00:34:09: M: Und eine Sache, die ich noch sagen wollte, bevor wir zur nächsten Folge kommen: Ein Veranstaltungshinweis von mir, am 24 Juni stellen Jens, Stephan und ich im Social Innovation Camp 2021, im digitalen Social Innovation Camp, in einem kostenlosen Workshop unserer Arbeit im Podcast vor. Der Titel des Workshops ist "Vom Elfenbeinturm in den Kopfhörern - Der Wissenschaftspodcast als beliebter Wissenstransfer". Also meldet euch unter dem Link, den ihr in der Beschreibung findet. Und im social Innovation Camp gibt es auch natürlich weitere spannende Workshops, schnuppert doch einfach rein, wenn ihr Interesse habt. Genau, Jens, jetzt kannst du weitermachen.

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00:34:52: JK: Also ich würde auch sagen: Absolut empfehlenswert dieser Workshop, den solltet ihr euch unbedingt geben. In der nächsten Folge sprechen wir mit Raul Krauthausen, einem Inklusionsaktivisten und diese Folge wird am 5. Juli erscheinen. Und bis dahin: Nutzt eure Zeit s_innvoll!  Tschüss!

00:35:07: M: Tschüss! JM: Tschüss!

00:35:10: Music.

Über diesen Podcast

Soziale Ungerechtigkeit, spannende Konzepte aus der Wissenschaft und innovative Lösungsansätze für soziale Herausforderungen – all das behandelt s_innzeit, der Wissenschaftspodcast von s_inn!

https://www.s-inn.net
sinnzeit@katho-nrw.de

von und mit Marina-Rafaela Buch, Jens Koller, Sinem Malgac, Stephan Post, Ariadne Sondermann, Lisa Koopmann

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